Projekt beeindruckt Ministerin
Projekt beeindruckt Ministerin
Am Montag wurde das vom bayerischen Gesundheits- und Pflegeministerium geförderte Konzept „Gemeindeschwestern Oberer Frankenwald“ vorgestellt. Getragen wird das Modellprojekt vom BRK-Kreisverband Kronach.
Heike Schülein
Buchbach — Ein möglichst langes selbstbestimmtes Wohnen in den eigenen vier Wänden – diesen Wunsch wohl aller älteren Menschen versucht der BRK-Kreisverband Kronach durch die verschiedensten ineinandergreifenden Bausteine eines umfassenden Leistungsnetzwerks umzusetzen. Mit dem seit 1. Januar 2020 gestarteten innovativen Modellprojekt „Gemeindeschwestern Oberer Frankenwald“ kommt nunmehr ein weiteres wichtiges Modul zur Schaffung passgenauer individueller Lösungsansätze hinzu.
Zwei Gemeindeschwestern fungieren dabei für Pflegebedürftige sowie deren Angehörige als Ansprechpartnerinnen, Helferinnen und Netzwerkmanagerinnen. Carmen Fehn und Dagmar Heinlein besuchen die Senioren auf deren Wunsch hin zu Hause, geben ihnen Tipps und beraten sie mit einem Schwerpunkt auf die pflegerische Versorgung. Das bayerische Gesundheits- und Pflegeministerium unterstützt das BRK-Modellprojekt mit rund 275 000 Euro für zwei Jahre, bis Ende 2021, inklusive der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts durch die Wilhelm-Löhe-Hochschule Fürth.
„Mit dem Konzept der Gemeindeschwester bieten wir den Bürgern eine gemeindenahe Unterstützung und Betreuung an, um möglichst lange mit hoher Lebensqualität in der gewohnten Umgebung alt werden zu können“, betonte BRKKreisgeschäftsführer Roland Beierwaltes bei der Projekt-Vorstellung im Mehrgenerationenhaus Buchbach. Tragende Säulen des Konzepts sind die Verbindung von Mensch zu Mensch, kombiniert mit einem Netzwerkmanagement und unterstützt durch den Einsatz digitaler Medien und Plattformen. Themenbereiche sind unter anderem eine Gesundheitsberatung und selbstständige Lebensführung, der Umgang und die Einführung in die digitale Welt, ein Notfallmanagement sowie die Vernetzung und Koordination sozialer und pflegerischer Strukturen.
Mehr Lebensqualität
Das umfassende Hilfs- und Unterstützungsangebot richtet sich insbesondere an Senioren, ältere, alleinlebende, kranke und pflegebedürftige Personen, Pflegepersonen und Angehörige sowie über-/belastete Familien und Alleinerziehende. Ihnen allen möchte man bei der Bewältigung von Alltagsschwierigkeiten helfen, neue Möglichkeiten der sozialen Teilnahme bieten und dadurch ihre Lebensqualität fördern. Die Gestaltung der Inanspruchnahme des Dienstes ist frei.
Projektbeteiligte sind seitens des BRK die beiden „Gemeindeschwestern“ Carmen Fehn, Pflegedienstleitung der Sozialstation „Oberer Frankenwald“, und ihre Stellvertreterin Dagmar Heinlein, die beide über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Pflege verfügen. Die Werkstudentin Carina Kotschenreuther schreibt ihre Masterarbeit im Studiengang Gesundheitsökonomie über das Projekt. Weiter mit im Boot seitens des BRK sind vor allem die Projektleiterin von „Lebensqualität für Generationen“, Antje Angles, sowie der Leiter der Servicedienste, Wolfgang Stumpf.
„Mich begeistert es immer wieder, wie man sich im Landkreis Kronach aufmacht, die Probleme zu lösen“, würdigte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml. Ihr Dank galt insbesondere MdL Jürgen Baumgärtner, der viele Projekte anstoße und darauf schaue, dass diese in die Umsetzung gingen. Gerade dieses Projekt liege ihm sehr am Herzen. Mit der Gemeindeschwester habe man einen Begriff gewählt, der bei den Menschen positiv eingeführt sei. „Man denkt sofort dabei, da kommt jemand und hilft einem“, zeigte sie sich sicher. Das Modellprojekt sei ein weiterer wichtiger Baustein für die ländliche Region, den man ebenso gerne unterstütze wie das zeitgleich laufende Caritas-Parallelprojekt „Gemeindeschwestern Teuschnitz“, beides zusammen mit einer Summe von knapp 436 000 Euro.
Erklärtes Ziel sei es, von dem Projekt zu lernen und es für andere Regionen übernehmen zu können. Der Landkreis Kronach sei in vielen Dingen oftmals einige Schritte voraus – sicherlich zum Teil auch aufgrund der Erfordernisse, vor allem aber auch durch seine engagierten Verbände und Institutionen.
Für Johanna Leupold vom Landesamt für Pflege sind besonders die Einzelfallprojekte sehr spannend, da die Lösungsansätze, die vor dem Hintergrund sich wandelnder familiärer Strukturen entwickelt wurden, sehr voneinander abwichen. Mit der Gemeindeschwester habe man eine innovative Idee aufgegriffen und sehr gelungen umgesetzt. „Das ist aufregend, hier mitwirken zu dürfen und die einzelnen Schritte zu verfolgen, wie es vorangeht“, lobte sie.
Von einer großen Freude, an diesem Projekt teilzunehmen, sprach auch Prof. Jürgen Zerth von der Wilhelm-Löhe-Hochschule Fürth, der das hier erfolgende Zusammenspiel vieler hochprofessioneller Akteure im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung herausstellte. Die Idee sei die Entwicklung lokaler Gesundheitsperspektiven. Es gehe darum, in die Lücken zu gehen und vorhandene Beratungsstrukturen sinnvoll zu ergänzen. Wie dies in der Praxis aussehen kann, zeigte im Anschluss eine nachgestellte digitale Anfrage an Carmen Fehn. Dabei suchte ein im Ausland arbeitender Mann passgenaue Lösungen für seine Großeltern, die zum einen immer vergesslicher würden und zudem verschiedene Arbeiten nicht mehr alleine erledigen könnten.
Soziale Kontakte immer wichtiger
Begrüßt wurden die Teilnehmer des Pressegesprächs von stellvertretendem Landrat Gerhard Wunder, der stellvertretenden BRKKreisvorsitzenden Heidi Beyerle sowie Steinbachs Bürgermeister Thomas Löffler. Gerade Corona habe uns gelehrt, zeigte sich Wunder sicher, dass die sozialen Kontakte immer wichtiger würden und die Bürger kompetente Ansprechpartner von Auge zu Auge wollten. Wichtig sei – laut Beyerle – ein Mix von persönlichem Kontakt und Digitalisierung. Löffler dankte dem BRK als starken Partner im Gesundheitswesen für den stetigen Ausbaus seines Leistungsangebots.
Die Grüße des an diesem Tag verhinderten MdL Baumgärtner übermittelte dessen persönliche Referentin Ina-Marlene Schnetzer.
Sie alle zeigten sich dem Ministerium sehr dankbar gegenüber für die Anschiebung dieses Projekts, das einen wertvollen Beitrag für gleichwertige Lebensverhältnisse – sprich Gesundheitsversorgung – im ländlichen Raum leiste.
Beierwaltes hoffte in diesem Zusammenhang auf eine etwaige Folgefördermöglichkeit nach Ablauf der beiden Jahre. Sein Dank galt abschließend allen Mitarbeitern in der Pflege: „Ihr vollbringt alltäglich eine Riesenleistung. Eigentlich seid ihr alle Gemeindeschwestern!“
aus "Fränkischer Tag" vom 08.07.2020