ENERGIE | Von Betroffenen zu Beteiligten

22. November 2022 : Die Planung des Energieparks am Rennsteig nimmt Gestalt an. Während die Kommunen die Frage nach dem Betreibermodell klären, ist nun erst mal die Meinung der Bürger gefragt.

Die Planung des Energieparks am Rennsteig nimmt Gestalt an. Während die Kommunen die Frage nach dem Betreibermodell klären, ist nun erst mal die Meinung der Bürger gefragt.

VON VERONIKA SCHADECK

Ludwigsstadt — Bis zum 2. Dezember 2022 haben alle Bürger ab 16 Jahren von Ludwigsstadt, Steinbach am Wald und Tettau Zeit, sich in einer Bürgerbefragung zum geplanten Bau eines Wind- und Wasserstoffparks zu äußern. Am Freitag gab es ein Treffen mit den betroffenen Bürgermeistern Timo Ehrhardt, Thomas Löffler und Peter Ebertsch, dem FW-Fraktionsvorsitzenden aus Ludwigsstadt, Hermann Feuerpfeil, dem Projektleiter der möglichen Betreiberfirma CPC Germania, Eberhard Wulkow, dem Landtagsabgeordneten Rainer Ludwig (FW) und Markus Ruckdeschel von der Energieagentur Oberfranken e.V. „Ich stehe uneingeschränkt hinter dem Projekt“, betonte Rainer Ludwig, zugleich energiepolitischer Sprecher der Freien Wähler im Landtag. Er erklärte, dass die Windkraftanlagen (WKA) zur Stromautarkie und zur Energieversorgung der heimischen Glasindustrie beitragen könnten. Alle 15 geplanten Windräder würden jährlich 300 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Er hob die CO2-Einsparung von insgesamt 180.000 Tonnen pro Jahr hervor.
Baubeginn im Jahr 2026 angestrebt

Projektleiter Eberhard Wulkow ging auf das Konzept der Bundesregierung „Wind an Land“ und die letzte Woche von der Bayerischen Staatsregierung beschlossenen Änderungen bezüglich der Errichtung von Windkraftanlagen ein (siehe Infobox). Nun könnten Windvorranggebiete auch in Landschaftsschutzgebieten ausgewiesen werden. Der Zeitplan sieht die Erteilung eines Genehmigungsbescheids für Dezember 2024 vor. Parallel werde man sich um die Finanzierung und um Vertragsabschlüsse mit Lieferanten von Windkraftanlagen kümmern. Der Baubeginn werde für Anfang 2026 angestrebt.

Auf einer 947 Hektar großen Fläche sollen am Rennsteig 15 Windkraftanlagen mit einer Höhe von 250 Metern entstehen (elf auf Ludwigsstädter Flur, drei in Steinbach, eine in Tettau). Rund 90 Prozent der Gewerbesteuern würden den beteiligten Kommunen zufallen, hinzu komme eine „Gemeinwohlabgabe“ an Kommunen im Umkreis von 2,5 Kilometern je WKA mit 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde. Insgesamt wären das etwa 600.000 Euro pro Jahr, so Wulkow.
Angedacht seien ein Zukunftsfond s mit etwa 15.000 Euro pro Anlage, eine Bürgerbeteiligung sowie ein Bürgerstromtarif. Wulkow erklärte, dass man auch mit Solarbetreibern im Gespräch sei. Zudem solle auch das Thema Holz berücksichtigt werden. Nun müssen die Ergebnisse der Bürgerbefragung abgewartet werden. Sollte sich – wovon die Bürgermeister ausgehen – die Mehrheit der Befragten positiv äußern, werde es auch um das Betreibermodell gehen. Sind das die drei Kommunen oder die Firma CPC? Kommt eine Kooperation zustande? Und wenn ja, zu welchen Konditionen?

„Vertrauensvorschuss nicht enttäuschen“
Thomas Löffler und Peter Ebertsch wünschen sich, dass auch die Politik aktiv wird. Die Gemeinwohlabgabe sollte von 0,2 Cent auf 0,4 Cent oder auf zehn Prozent des aktuell geltenden Strompreises angehoben werden. Auch eine Direkteinspeisung der erzeugten Windenergie sollte über die bestehenden Stromleitungen zur Industrie ermöglicht werden. Dann müsse die Finanzierung geklärt werden, unter Berücksichtigung steigender Baupreise und höherer Zinsen. Die Gesamtinvestition betrage aktuell rund 150 Millionen Euro.
Der Regionale Planungsverband Oberfranken West hat eine schnelle Zustimmung für das Projekt zugesichert, sobald der Antrag auf Ausweisung eines Windvorranggebietes vorläge.
Für Peter Ebertsch steht fest, der Antrag werde erst gestellt, wenn es von der Firma CPC ein entsprechendes Angebot gibt. Denn sobald der Rennsteig als Windvorranggebiet ausgewiesen sei, haben die Gemeinden die „Zügel aus der Hand gegeben“. Für die Bürgermeister sei wichtig, dass es bei den 15 Windrädern bleibe und der Vertrauensvorschuss der Bürger nicht enttäuscht werde. Zudem müssen „die Betroffenen zu Beteiligten werden“. Es müsse „Strom aus der Region für die Region“ erzeugt werden. Wenn der Wind- und Wasserstoffpark am Rennsteig Realität wird, habe der Landkreis Kronach seine Vorgaben für die Ausweisung von Flächen für Windkraftanlagen nahezu erfüllt, erklärte Ehrhardt.

aus "Fränkischer Tag Ausgabe Kronach" vom 22.11.2022